INTERVIEW
„Qualitätssicherung muss über Organisationen und Branchen hinweg funktionieren“
Monika Huesmann ist Professorin für Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Als Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der DGM begleitet sie die Zertifizierung von Mentoring-Programmen. Im Interview mit der DGM spricht sie u. a. über Qualitätssicherung und Trends im Cross-Mentoring.
Frau Professor Huesmann, Sie sind eine Expertin auf dem Gebiet des Mentorings in Deutschland. Wie sind Sie zu Ihrem Thema gekommen?
Ich habe sehr viel im Bereich Personalentwicklung gearbeitet und bin darüber zum Mentoring gekommen. Wissen Sie, klassische Instrumente stoßen bei der Förderung von Talenten schnell an ihre Grenzen, weil es passieren kann, dass bestimmte Gruppen als hilfsbedürftig klassifiziert werden. Mentoring hingegen erreicht auch interne Zielgruppen, die ich in anderen Instrumenten so nicht wiederfinde. Darüber hinaus kann Mentoring auch die ungeschriebenen Gesetze einer Organisation vermitteln und dabei helfen, mit politischen Fragestellungen richtig umzugehen und sich bietende Chancen strategisch zu identifizieren. Mentoring hilft bei der täglichen Gradwanderung zwischen der richtigen Dosis Selbstbewusstsein auf der einen und Durchsetzungsvermögen auf der anderen Seite.
Sie haben jüngst einen Beitrag zu Qualitätssicherung im Cross-Mentoring veröffentlicht. Welche Rolle spielt Cross-Mentoring heute und welche Trends zeichnen sich für Sie hier ab?
Cross-Mentoring hat neben der Beteiligung unterschiedlicher Organisationen den Charme, dass es oft mit externen Fachpartnern durchgeführt wird. Eine Organisation verpflichtet sich nicht für alle Ewigkeit, ein solches Programm anzubieten und muss auch nicht das komplette Wissen dafür vorhalten. Außerdem – und das ist für kleinere Organisationen wichtig – fällt das Matching mit einer größeren Zahl an Mentor/innen und Mentees leichter. Aus Sicht der Mentor/innen und Mentees hat Cross-Mentoring den Vorteil, dass es eine größere Unabhängigkeit von einer einzelnen Organisation aufweist. Das ermöglicht unter Umständen eine größere Offenheit in der Mentoring-Beziehung und damit einen besseren Erfolg. Im Gegenzug sind fachlich versierte externe Partner sinnvoll, um die Verbindlichkeit und Loyalität gegenüber den beteiligten Organisationen des Programms zu sichern. Als Trends sehe ich eine wachsende Internationalität der Programme im Vergleich zu heute. In diesem Zug halten auch digitale bzw. virtuelle Elemente ins Mentoring Einzug, die unter Wahrung der Grundidee von Mentoring integriert werden.
Qualität im Mentoring hat eine große Bedeutung. Hinkt Deutschland hier den angelsächsischen Ländern her?
Nein, es gibt zwar kulturelle Unterschiede, die beschränken sich aber zumeist auf die Begrifflichkeiten. Mentoring ist ein sehr dynamisches Umfeld, das sich global gesehen immer weiterentwickelt. Deutschland hinkt hier weder hinterher noch ist es Vorreiter.
Was sind die Besonderheiten bei der Qualitätssicherung im Cross-Mentoring? Welche Herausforderungen sehen Sie?
Die Qualitätssicherung muss über Organisationen und Branchen hinweg funktionieren. Das geht bis hin zur Kommunikation, die auf verschiedene Organisationen angepasst sein muss.
Welche Möglichkeiten haben Organisationen, die Qualität Ihres Mentorings zu sichern?
Die einfachste Form ist der Rückgriff auf zertifizierte Cross-Mentoring Programme. Darüber hinaus ist es wichtig, Mentor/innen und Mentees möglichst aktiv einzubinden. Das bedeutet, dass Qualität prozessbegleitend evaluiert und kontinuierlich verbessert werden muss. Ich finde es wichtig, dass in einem Programm auch verfolgt wird, was mit den Mentees danach passiert: Öffnen sich auch tatsächlich neue Wege und Optionen?
Zu guter Letzt: Haben Sie einen Tipp für unsere LeserInnen, wenn es darum geht, ein eigenes Cross-Mentoring Programm aufzubauen?
Ich würde dazu raten, sich zuerst mit Mentoring per se zu beschäftigen. Dafür ist die Deutsche Gesellschaft für Mentoring die ideale Plattform, weil Sie hier die Expert/innen aus Wissenschaft und Praxis, aus Unternehmen und Beratung, aus Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen finden und sich vernetzen können. Dazu finden Sie Qualitätskriterien für Mentoring Programme. Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, dass es besser ist, die Qualität eines Mentoring-Programms von Beginn an zu sichern und nicht als nachgelagertes Element zu betrachten. Das ist schon heute die Grundlage vieler erfolgreicher Cross-Mentoring Programme.